Die Belange von Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft rücken
Anlässlich des internationalen Tages der Menschen mit Behinderung blicken die beiden Hünxer SPD-Vorstandsmitglieder und sachkundigen Bürgerinnen im gemeindlichen Sozialausschuss Dominique Freitag und Mendina Scholte-Reh in ihrem Klartext!-Beitrag auf die aktuelle Situation für behinderte Menschen in der Bundesrepublik. Mehr in unserem Blog:
Auch mehr als 10 Jahre nach der UN-Behindertenrechtskonvention gibt es immer noch Defizite in Deutschland, was die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen betrifft. Wir sind noch weit davon entfernt, dass beispielsweise grundsätzlich Kinder mit Behinderung in Regelschulen verweilen. Das gemeinsame Lernen stellt einen wichtigen Punkt im gesellschaftlichen Leben dar und unsere Schulministerien schaffen diesen wichtigen Schritt leider immer noch nicht konsequent umzusetzen. Auch auf dem Arbeitsmarkt hakt die Umsetzung noch. Noch nicht einmal die Hälfte aller erwerbsfähigen Menschen mit Schwerbehinderung sind auf dem regulären Arbeitsmarkt integriert. Die Angst, dass behinderte Menschen nicht qualitativ die gleiche Arbeit leisten können, wie Menschen ohne Behinderung ist immer noch stark in den Köpfen verankert. Außerdem haben behinderte Menschen, die in einer Werkstatt arbeiten, keinen Zugang zum Mindestlohn. Sie bekommen für ihre Arbeit lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung, die meist zwischen 1,50 und 2,00 Euro liegt. Auch hier findet der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt selten statt, obwohl es genug Möglichkeiten der Förderung (auch finanzieller Art für Arbeitgeber) gibt. Schon 2015 wurde die Abschaffung der Werkstätten durch den Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung der Vereinten Nationen empfohlen.
Durch die Corona-Pandemie stehen Inklusionsbetriebe, die meist im Gaststättengewerbe oder in der Hotellerie verankert sind, vor großen Herausforderungen, denn sie sind in besonderem Maße von den aktuellen Beschränkungen betroffen. Aufgrund der geringen Chance, bei einem anderen Unternehmen angestellt zu werden, fallen so viele Menschen mit Behinderung wieder in die Arbeitslosigkeit. Im Oktober lag die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung rund 13% höher als im Vorjahresmonat. Aktuell sind mehr als 170.000 behinderte Menschen ohne Arbeit, so viele wie seit 2016 nicht mehr. Da zurzeit noch viele Menschen in Werkstätten beschäftigt sind, ist es wichtig die Werkstätten auch während der Pandemie zu unterstützen, damit die dort Angestellten wenigstens ihren geringen Zuverdienst erhalten.
In der Corona-Pandemie wird nochmal deutlich, dass die Belange von Menschen mit Behinderung viel stärker in die Mitte der Gesellschaft gehören. Dies zeigt sich in den Diskussionen zum medizinischen Triage-Verfahren, wonach im Falle einer Überlastung der Kliniken in Notsituationen diejenigen Patienten versorgt werden müssen, die eine höhere Überlebenschance haben. Vor diesem Hintergrund besteht die Sorge, dass Menschen mit Behinderungen in so einem Fall im Nachteil wären, weil sie oftmals der gefährdeten Risikogruppe angehören. Auch in der Corona-Krise muss gelten, dass niemand benachteiligt werden darf. Alle Menschen ungeachtet ihrer Situation müssen auf die bestmögliche medizinische und soziale Versorgung vertrauen können. Ärzte und Pflegepersonal leisten gegenwärtig einen ungeheuren Kraftakt. Dennoch muss die Politik aktiv bleiben und den Mangel an intensivmedizinischer Versorgung weiterhin mit allen Möglichkeiten verhindern. Nötig bleibt eine ausreichend hohe Zahl an Intensivbetten und Beatmungsgeräten.
Ein Schritt in die richtige Richtung konnte jedoch 2019 verzeichnet werden, denn Menschen mit Behinderung, die in allen Lebensbereichen betreut werden, dürfen endlich wählen.